Intermuskuläres Fett vs. Intramuskuläres Marmorierungsfett: Oxidationsstabilität, sensorische Wirkung, gesundheitliche Implikationen und die Rolle von Cortisol im Rindfleisch

Von Eben van Tonder, 16. Juli 2025

Einleitung

Die Fettverteilung im Rindfleisch ist nicht nur eine Frage der Ästhetik oder des Geschmacks; sie hat weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit, die Haltbarkeit und die Praxis des Tierschutzes. Das Verständnis des Unterschieds zwischen intermuskulärem Fett und intramuskulärem Marmorierungsfett ist sowohl für Rindfleischproduzenten als auch für Forscher und Verbraucher von entscheidender Bedeutung.

1. Fettdepotlage und Zusammensetzung

Um zu verstehen, warum sich Fett in Rindfleischprodukten unterschiedlich verhält, muss zunächst untersucht werden, wo dieses Fett liegt und wie seine chemische Zusammensetzung aussieht. Die Positionierung des Fetts innerhalb des Schlachtkörpers und sein Fettsäureprofil spielen beide eine entscheidende Rolle für die Fleischqualität und den Nährwert.

  • Intramuskuläres Fett (Marmorierung): Befindet sich innerhalb des perimysialen und endomysialen Bindegewebes. Es ist typischerweise besser durch umliegendes Muskelgewebe geschützt. Sein Fettsäureprofil weist häufig einen höheren Anteil an einfach ungesättigten Fettsäuren (MUFA) auf, was zu einer besseren Oxidationsstabilität beiträgt (Wood et al., 2008).
  • Intermuskuläres Fett: Befindet sich zwischen Muskelgruppen, näher am Bindegewebe und exponierten Oberflächen. Es enthält relativ mehr mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFA), abhängig von Fütterungsregime und Rasse, und ist weniger physikalisch vor Sauerstoff und pro-oxidativen Enzymen geschützt (Elmore et al., 1999).

2. Oxidationsstabilität

Die Oxidation von Fetten im Rindfleisch ist ein Schlüsselfaktor, der sowohl den Geschmack als auch die Haltbarkeit beeinflusst. Unterschiedliche Fettdepots oxidieren mit unterschiedlichen Raten, was die Produktqualität während der Lagerung und nach dem Kochen direkt beeinflusst.

  • Höheres Risiko bei intermuskulärem Fett: Intermuskuläres Fett zeigt aufgrund seiner Exposition gegenüber Sauerstoff und Muskelenzymen wie Lipoxygenase eine höhere Tendenz zur Lipidoxidation. Dies beschleunigt die Ranzigkeit und die Entwicklung von Fehlaromen während der Lagerung und des Kochens (Campo et al., 2006).
  • Größere Stabilität bei Marmorierungsfett: Die geschützte Position des Marmorierungsfetts innerhalb der Muskelfasern und sein höherer MUFA-Gehalt bedeuten langsamere Oxidationsraten. Dies ist einer der Gründe, warum Marmorierung mit günstigeren sensorischen Eigenschaften assoziiert wird (Wood et al., 2008).

3. Sensorische Auswirkungen

Für Verbraucher ist der auffälligste Einfluss der Fettverteilung auf sensorische Eigenschaften wie Geschmack, Textur und Saftigkeit. Dieser Abschnitt erläutert, warum Marmorierung und intermuskuläres Fett unterschiedlich zum Esserlebnis beitragen.

  • Geschmacksqualität: Marmorierungsfett trägt positiv zur Saftigkeit, Geschmacksfreisetzung und Mundgefühl bei, da die Oxidation begrenzt ist und Fettsäureabbauprodukte kontrolliert bleiben (Savell & Cross, 1988).
  • Risiko von Fehlaromen: Intermuskuläres Fett neigt eher zur Entwicklung von Aufwärmaromen (WOF) und ranzigen Noten, insbesondere bei Fleischprodukten, die wiederholtem Erhitzen, Einfrieren oder längerer Lagerung ausgesetzt sind (López-Bote, 1998).

4. Gesundheitliche Überlegungen

Aus Sicht der öffentlichen Gesundheit und Ernährung hat die Art des im Rindfleisch vorhandenen Fetts erhebliche Auswirkungen. Dieser Abschnitt skizziert die gesundheitlichen Auswirkungen des Verzehrs von Marmorierungsfett im Vergleich zu intermuskulärem und subkutanem Fett.

  • Intramuskuläres Fett (Marmorierung): Typischerweise höher an einfach ungesättigten Fettsäuren (MUFA) und niedriger an gesättigten Fettsäuren (SFA) im Vergleich zu intermuskulärem Fett. MUFAs werden mit positiven Effekten auf das Blutfettprofil in Verbindung gebracht und können bei ausgewogenem Konsum zur Verringerung des kardiovaskulären Risikos beitragen (Wood et al., 2008).
  • Intermuskuläres und subkutanes Fett: Enthält häufig höhere SFA-Werte und zeigt eine größere Anfälligkeit für Oxidation. Bei der Lipidoxidation entstehende Produkte aus dem PUFA-Abbau können zur Bildung reaktiver Aldehyde und anderer Verbindungen mit potenziell proinflammatorischen oder zytotoxischen Effekten beitragen (Campo et al., 2006; Elmore et al., 1999).
  • Ernährungsempfehlungen: Während die Gesamtfettaufnahme moderat gehalten werden muss, gilt es allgemein als vorteilhaft, Rindfleisch mit höherer Marmorierung und kontrollierten Werten von intermuskulärem und subkutanem Fett zu bevorzugen.

5. Cortisol, Fettverteilung und Haltbarkeitsüberlegungen

Cortisol ist ein entscheidender hormoneller Faktor, der sowohl die Fetteinlagerung als auch die Qualität des Fleisches nach der Schlachtung beeinflusst. Dieser Abschnitt untersucht die physiologischen Mechanismen, die Stress, Fettverteilung und die Haltbarkeit von Rindfleischprodukten verbinden.

  • Erhöhtes intermuskuläres Fett durch Cortisol: Wie festgestellt, fördert Cortisol die Einlagerung von intermuskulärem und subkutanem Fett (Vicennati & Pasquali, 2000). Dieses Fett ist aufgrund seiner höheren Exposition und seines ungünstigeren Fettsäureprofils anfälliger für Lipidoxidation, was die Haltbarkeit von Rindfleischprodukten reduziert.
  • Reduzierte Marmorierung und Muskelintegrität: Geringere Marmorierung aufgrund von cortisolbedingtem Stress kann die schützenden Effekte der Marmorierung auf den Wasserhaushalt der Muskeln und die Oxidationsstabilität verringern, was die Haltbarkeit weiter negativ beeinflusst (Mormède et al., 2007).
  • Breitere Auswirkungen auf die Verarbeitung: Fleisch von gestressten Tieren kann strengere Kühlkettenmanagement-, Antioxidationsbehandlungen und sorgfältige Verpackungen erfordern, um eine akzeptable Haltbarkeit und sensorische Qualität aufrechtzuerhalten (Smith & Crouse, 1984).

6. Praktische Auswirkungen für die Industrie

Die Erkenntnisse aus dieser Analyse haben direkte Anwendungen für Rindfleischproduktionssysteme, von der Zucht bis zur Verarbeitung und dem Einzelhandel. Dieser Abschnitt fasst bewährte Praktiken zusammen, die Produzenten helfen können, die Qualität zu maximieren und gleichzeitig wirtschaftlich rentabel zu bleiben.

  • In der Premium-Rindfleischproduktion besteht das Ziel darin, intramuskuläre Marmorierung zu maximieren und gleichzeitig übermäßiges intermuskuläres Fett zu begrenzen.
  • Lagerungs- und Verpackungsstrategien (z. B. Vakuumverpackung, Anwendung von Antioxidantien) sind besonders wichtig, wenn der Anteil an intermuskulärem Fett hoch ist.
  • Stressmanagementstrategien sowohl vor als auch nach der Schlachtung sind entscheidend, um sowohl die Marmorierung als auch das Haltbarkeitspotenzial zu optimieren.

Fazit

Das Verständnis der unterschiedlichen Rollen von intramuskulärem und intermuskulärem Fett im Rindfleisch ist nicht nur für Geschmack und Qualität, sondern auch für die menschliche Gesundheit und die Produkthaltbarkeit von wesentlicher Bedeutung. Chronischer Stress, vermittelt durch Cortisol, beeinflusst nicht nur die Fettverteilung, sondern beeinträchtigt auch die Oxidationsstabilität und das Lagerungspotenzial. Für Produzenten und Verbraucher gleichermaßen ist es entscheidend, das Tierwohl zu priorisieren, die Fettzusammensetzung zu steuern und geeignete Lagerungstechnologien anzuwenden, um gesündere, schmackhaftere und stabilere Rindfleischprodukte zu gewährleisten.

Literaturverzeichnis

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  • Zhou, G. H., Xu, X. L., & Liu, Y. (2010). Preservation technologies for fresh meat: A review. Meat Science, 86(1), 119–128.

Anmerkung des Autors

Dieser Artikel ist Teil der EarthwormExpress-Forschungsreihe und bietet angewandte Erkenntnisse für Fleischwissenschaftler und Fachleute der Fleischindustrie.