Von Eben van Tonder, 20. Juli 2025

Einleitung
Mit zunehmendem Alter verlieren viele physiologische Systeme ihre fein abgestimmte Balance. Besonders kritisch sind dabei das Gefäßsystem und das Stressreaktionssystem. Der gleichzeitige Rückgang der Produktion von Stickstoffmonoxid (NO) und der Regulation von Cortisol trägt zu Symptomen bei, die oft als bloße Alterserscheinungen abgetan werden: schlechte Durchblutung, geistige Umnebelung, chronische Müdigkeit, Stimmungsschwankungen und sinkende körperliche Leistungsfähigkeit.
In diesem Artikel argumentiere ich, dass der moderate Verzehr von richtig gepökeltem Fleisch wie Speck und Schinken – lange Zeit in der populären, oft schlecht informierten wissenschaftlichen Diskussion diffamiert – tatsächlich eine kluge, strategische Ernährungsmaßnahme sein kann, um die Gefäßfunktion und die Stressregulation im Alter zu unterstützen. Die Schlüsselspieler? Nitrit und Stickstoffmonoxid.
Was ist Stickstoffmonoxid und warum ist es wichtig?
Stickstoffmonoxid ist ein Gas und Signalmolekül, das vom Körper natürlich produziert wird. Es ist entscheidend für die Erweiterung der Blutgefäße, die Modulation des Immunsystems, die Signalübertragung im Nervensystem und sogar für die Effizienz der Mitochondrien.
Es wird aus der Aminosäure L-Arginin über das Enzym endotheliale Stickstoffmonoxid-Synthase (eNOS) gebildet.
Ein weiterer Weg: Nahrungsnitrate (NO₃⁻), die in grünem Gemüse und nitritgepökeltem Fleisch vorkommen, werden zu Nitrit (NO₂⁻) und dann zu NO umgewandelt, besonders unter sauerstoffarmen oder sauren Bedingungen.
Die NO-Produktion nimmt mit dem Alter ab
Zahlreiche Studien zeigen, dass die körpereigene NO-Produktion mit dem Alter stetig abnimmt: Alter Geschätzte NO-Produktion im Vergleich zum Höchstwert (Basis: 20er) 20er 100 % 40er ca. 75–80 % 60er ca. 50–60 % 80er ca. 15–25 %
Hauptgründe für diesen Rückgang:
- Reduzierte eNOS-Aktivität: Das endotheliale Enzym reagiert weniger sensibel.
- Oxidativer Stress: Superoxid und andere freie Radikale zerstören NO rasch.
- Versteifte Blutgefäße: Geringerer Scherstress vermindert den Reiz zur NO-Freisetzung.
- Niedriger Magensäuregehalt: Beeinträchtigt die Umwandlung von Nitraten aus der Nahrung zu Nitrit und NO.
Infolgedessen erleben ältere Menschen vermehrt Bluthochdruck, schlechtere Muskeloxygenierung, eingeschränkte kognitive Funktionen und sogar erektile Dysfunktion – alles Zustände, die mit unzureichender NO-Verfügbarkeit zusammenhängen.
Cortisol und chronischer Stress: Die andere Hälfte des Puzzles
Cortisol ist das wichtigste Stresshormon des Körpers, ausgeschüttet von den Nebennieren auf Signale der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse). In kurzen Schüben ist Cortisol hilfreich: Es mobilisiert Energie, steigert die Wachsamkeit und dämpft Entzündungen.
Eine chronisch erhöhte Cortisolkonzentration ist jedoch schädlich:
- Unterdrückt die Immunfunktion
- Fördert die Einlagerung von viszeralem Fett
- Reduziert Knochen- und Muskelmasse
- Beeinträchtigt Schlaf, Stimmung und Gedächtnis
Mit zunehmendem Alter steigen die Grundwerte von Cortisol, und seine Ausscheidung verlangsamt sich. Dasselbe Stressereignis führt bei älteren Menschen zu längeren Cortisolspitzen.
Noch schlimmer: Cortisol hemmt die NO-Produktion, indem es oxidativen Stress erhöht und die eNOS-Funktion direkt hemmt – ein Teufelskreis entsteht:
Niedriges NO → Schlechte Durchblutung → Physiologischer Stress → Hohes Cortisol → Noch weniger NO
Wo Speck und Schinken ins Spiel kommen: Der Fall für nitritreiche Lebensmittel
Gepökelte Fleischprodukte wie Speck und Schinken werden traditionell mit Natriumnitrit (NaNO₂) hergestellt – einer Verbindung, die in moderaten Mengen und in Kombination mit Antioxidantien wie Ascorbat folgende Funktionen erfüllt:
- Konservierungsmittel
- Aromastabilisator und Farberhaltung
- Und vor allem: Quelle für Nitrit, das zu Stickstoffmonoxid umgewandelt wird
Im Magen und Blutkreislauf wird Nitrit besonders in sauerstoffarmen Geweben wie Muskeln beim Sport oder alternden Kapillaren zu NO umgewandelt.
Warum das mit dem Alter hilfreich ist:
- Unterstützt die Durchblutung in schlecht versorgten Geweben
- Wirkt dem durch Cortisol verursachten NO-Mangel entgegen
- Kann Blutdruck senken und Gefäßentzündungen reduzieren
- Verbessert die Effizienz der Mitochondrien und den Sauerstoffverbrauch
Der Vorteil von Speck und Schinken gegenüber Blattgemüse allein
Obwohl nitrathaltiges Gemüse wie Rote Bete und Spinat hervorragend für die NO-Produktion geeignet ist, bieten Fleischprodukte zusätzliche Vorteile:
- Nitrit aus gepökeltem Fleisch wird direkter zu NO umgewandelt als Nitrat aus Gemüse.
- Die NO-Erzeugung aus Fleischnitrit ist nicht abhängig von Magensäure (die mit dem Alter abnimmt).
- Fett in Speck und Schinken verbessert die Aufnahme fettlöslicher Cofaktoren wie Vitamin D, das ebenfalls für das Altern wichtig ist.
Was ist mit dem Krebsrisiko?
Der moderne Einsatz von Nitrit in Fleisch ist streng reguliert und immer in Kombination mit Ascorbat oder Erythorbinsäure, die die Bildung von Nitrosaminen verhindern. Darüber hinaus gilt:
- Gemüse enthält bis zu 50-mal mehr Nitrat als Speck und gilt dennoch als gesundheitsförderlich.
- Der Großteil von Nitrit und Nitrat im Körper stammt aus Speichel und Gemüse, nicht aus Fleisch.
Außerdem ist gesetzlich vorgeschrieben, dass allen Speck- und Schinkenprodukten entweder Ascorbat oder Erythorbinsäure zugesetzt wird, was die Nitrosaminbildung vollständig blockiert. Die eingesetzten Nitritmengen sind äußerst gering. Schinken wird nicht gebraten, wodurch das Risiko der Nitrosaminbildung bei null liegt. Speck wird meist bei Temperaturen gebraten, die ebenfalls zu niedrig für deren Bildung sind.
Insbesondere einige britische und europäische Wissenschaftler halten dennoch an dieser These fest – aus politischen oder wirtschaftlichen Motiven. Diese Behauptungen sind jedoch wissenschaftlich längst widerlegt. Es handelt sich um ein klassisches Ablenkungsmanöver – ein Scheinproblem.
Der Stickstoffkreislauf im menschlichen Körper ist heute vollständig verstanden. Nitrat, Nitrit und Stickstoffmonoxid sind physiologisch essenziell für eine gute Gesundheit.
Unterdrückt Stickstoffmonoxid Cortisol?
Nicht direkt, aber ein höherer NO-Spiegel verbessert die Durchblutung, die Gewebeoxygenierung und die metabolische Flexibilität. Diese physiologischen Verbesserungen:
- Reduzieren die Aktivierung der HPA-Achse
- Verringern die Intensität der Stresssignale
- Helfen dem Körper, sich schneller zu erholen – niedrigere Cortisolspitzen, kürzere Wirkdauer
In dieser Weise kann die Unterstützung von NO eine indirekte, aber effektive Maßnahme zur Regulierung von Cortisol sein.
Fazit: Klüger altern
Altern bedeutet nicht, sich mit schlechter Durchblutung, ständiger Müdigkeit oder chronischem Stress abzufinden. Eine wissenschaftlich fundierte Strategie umfasst:
- Die Unterstützung der körpereigenen NO-Produktion
- Die Minimierung einer chronischen Cortisolerhöhung
- Den gezielten Einsatz von nitritreichen Lebensmitteln wie Speck und Schinken
Dies ist kein Aufruf zum übermäßigen Verzehr, sondern ein Plädoyer für die Wiederaufnahme gepökelter Fleischwaren als Teil des ernährungsphysiologischen Werkzeugkastens – insbesondere für aktive ältere Menschen, Bergsteiger und alle, die altersbedingte Gefäß- und Stressherausforderungen meistern wollen.
Also ja: Wenn Sie Berge erklimmen, ein Unternehmen führen oder einfach geistig fit bleiben wollen jenseits der Sechzig – gönnen Sie sich ruhig ein Speck- und Schinkenbrot. Ihre Blutgefäße und Nebennieren werden es Ihnen danken.
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